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Wo der Lkw-Fahrer mehr als ein Anwalt verdient

Die Preise für den Transport auf der Straße haben einen historischen Höchstwert erreicht. Das ist ein Ergebnis des neuen European Road Freight Benchmark. Die Gründe sind vielfältig – und eine Entspannung ist nicht in Sicht.

| Lesedauer: 3min.

Straßengüterverkehr: Kosten auf Rekordhoch

Störung der globalen Lieferketten, Kapazitätsengpässe, Fahrermangel – das macht Europas Frachtbranche zu schaffen. Im dritten Quartal stieg der European Road Freight Rate Benchmark Index auf die Rekordmarke von 107.6 und liegt damit um 3 Punkte höher als im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres. Das veröffentlichten Transport Intelligence (TI), Upply und die International Road Transport Union (IRU).

Damit ist der Index für die Preise des Straßengüterverkehrs zum fünften Mal in Folge gestiegen.

Das bedeutet einen Anstieg von 4 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal 2020.

Experten erwarten, dass die Frachtraten auch im 4. Quartal weiter steigen, weil die Nachfrage steigt und die Kapazitäten knapp bleiben.

400 000 Fahrer fehlen europaweit

„Kapazitätsengpässe sind zunehmend zu einem Merkmal des europäischen Straßengüterverkehrsmarkts geworden“, sagen die Analysten in der Studie. So haben insbesondere in Großbritannien ein Mangel an qualifizierten Lkw-Fahrern und schwere Staus im Hafen von Felixstowe zu leeren Supermarktregalen geführt. Dabei beschränkt sich der Fahrermangel nicht auf Großbritannien. Während dort bis zu 70 000 Kräfte fehlen, wird der Mangel in Frankreich auf 40 000 bis 50 000 Fahrer geschätzt und steigt in Deutschland auf 65 000 an. Insgesamt fehlen nach Einschätzungen des britischen Marktforschungsunternehmens TI derzeit rund 400 000 Fahrer europaweit, mit 124 000 die meisten davon in Polen.

  • Die COVID-19-Pandemie hat den Fahrermangel weiter verschärft, besorgniserregend war die Situation schon zuvor.
  • Das Durchschnittsalter der Fahrer liegt bei 55 Jahren.
  • Die Arbeitsbedingungen sind hart: So müssen Lkw-Fahrer oft neun oder zehn Stunden am Steuer verbringen. Nicht selten schlafen sie in der Fahrerkabine und sind auf Tankstellen angewiesen, um sich zu waschen.
  • Durch Coronabeschränkungen konnten sich deutlich weniger neue Fahrer ausbilden lassen und ihre Prüfung ablegen als bisher.

Zwar ist in Großbritannien, wo vor allem Fahrer aus Osteuropa wegen der neuen Brexit-Regeln ausblieben, die Situation besonders prekär. Doch auch in anderen Ländern wird sich die Lage laut Experten verschlechtern. In Deutschland drohe „in zwei bis drei Jahren ein Versorgungskollaps ähnlich wie in England“, warnt der Bundesverband Güterverkehr Logistik und Entsorgung.  

Experten: Bündel von Maßnahmen notwendig

Nur ein Bündel von Maßnahmen kann Abhilfe schaffen, da sind sich Verbände und Betroffene einig. Bessere Arbeitsbedingungen, der Abbau von administrativen Hürden aber vor allem eine bessere Entlohnung werden diskutiert,

Schon jetzt führt das Ungleichgewicht zwischen Nachfrage und einem durch den Fahrermangel begrenzten Angebot dazu, dass Transportunternehmen ihre Tarife erhöhen. „Aus Sicht der Transportunternehmer ist diese Erhöhung notwendig, um den Anstieg ihrer Betriebs- und Einstellungskosten zu decken. Die Aufrechterhaltung dieses Preisniveaus ist nicht garantiert, und die Wahrung ihrer Margen wird in den kommenden Monaten eine echte Herausforderung sein", erklärte Thomas Larrieu, Chief Executive Officer von Upply.  Auch der Dieselpreis spielt nach Ansicht der Experten dabei eine Rolle.

Bei der britischen Supermarktkette Waitrose jedenfalls verdienen LKW-Fahrer einem Bericht der Daily Mail zufolge inzwischen mehr als Anwälte und Architekten. Die Supermarktkette bietet bis zu 53 780 Pfund jährlich für Lkw-Fahrer. In der Zentrale von John Lewis Partnership, der Muttergesellschaft von Waitrose werden gerade zwei leitende Positionen mit 45 000 Pfund und eine Stelle als Finanzanalyst mit 46 700 Pfund dotiert.

Fazit

Corona hat die Herausforderungen wie mit einem Brennglas gezeigt. Die Probleme im Straßengüterverkehr liegen jedoch tiefer. Der Nachwuchs ist knapp, weil die Arbeitsbedingungen schlecht und die Ausbildung teuer sind. Fahrer (vorrangig aus Osteuropa), die für Hungerlöhne angeworben werden konnten, haben sich umorientiert. Gleichzeitig steigt der Transportbedarf. Eine wichtige Branche benötigt ein Bündel an Maßnahmen, damit Transport auf der Straße störungsfrei möglich ist. Doch langfristig werden die Unternehmen besser durch die Krise kommen, die Lkw-Fahrern nicht nur höhere Löhne zahlen, sondern auch deutlich bessere Arbeitsbedingungen schaffen.

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